Möglicherweise stellt sich der ein oder andere von Ihnen die Frage, warum wir die
Welt der Kynologie überhaupt verändern sollen. Schließlich ist doch finanziell alles
im grünen Bereich. Außerdem steigen die Registrierungen von Hunden und Anmeldungen
bei Hundeveranstaltungen weltweit. Sollten wir tatsächlich so viel Energie darauf
verwenden, etwas zu verändern, was perfekt funktioniert?
Die Antwort lautet ja – und es muss noch mehr getan werden.
In unserer Welt, die sich heutzutage schneller verändert denn je, ist der Erfolg
von gestern keine stabile Größe mehr. Wer heute Erfolg hat, kann nur die Weichen
für den Wandel von morgen stellen. Auf Basis einer soliden 100-jährigen Geschichte
haben wir vor gut zwei Jahren begonnen, uns auf die bevorstehenden Herausforderungen
einzustellen. Dies betrifft gegenwärtige, aber insbesondere die Herausforderungen,
die sich bereits am Horizont abzeichnen. Wenn wir diese Herausforderungen links
liegen lassen, werden wir schon bald die Folgen zu spüren bekommen. Und wenn wir
den Wandel nicht selbst herbeiführen, werden andere ihn uns aufoktroyieren. Wir
wollen den Wandel führen und uns nicht selbst zu dessen Gegenstand machen.
Der britische Philosoph Bertrand Russell sagte einst: „Wandel ist wissenschaftlich.
Fortschritt ist ethisch.“ Für eine wertebasierte Organisation wie die FCI reicht
es nicht, Wandel nur um des Wandels willen herbeizuführen. Für uns muss Wandel mehr
sein als nur Kosmetik oder Prozess – Wandel muss ein Ziel haben. Und dieses Ziel
heißt Fortschritt.
2013 habe ich in meinem Text zu meiner Bewerbung um die Präsidentschaft den FCI-Plan
für die Zukunft vorgestellt. Der Plan war das Fundament für die notwendigen Veränderungen
in unserer Organisation.
Dieses Mal müssen wir ein Ziel haben, um noch weiter zu gehen. Zusammen müssen wir
dieses Ziel festlegen und daran arbeiten, es zu erreichen. Das Ziel muss in erster
Linie das Wohlergehen der Hunde weltweit beinhalten.
Die FCI Agenda 2020 wird einen strategischen und detaillierten Plan umfassen, der
die FCI in den nächsten fünf Jahren anleiten soll.
Die FCI Agenda 2020 wird alle Ihre Ideen und Vorschläge berücksichtigen und sich
darauf konzentrieren, die Diskussion über das Wohlergehen von Hunden weltweit zu
führen und die Zukunft unserer Organisation sichern.
Darüber hinaus wird die FCI Agenda 2020 die kynologischen Diskussionen ab 2016 leiten
und inspirieren und sich mit den vier Leitthemen Wohlergehen der Hunde, hundefeindliche
Gesetze, Zusammenarbeit und Jugend befassen.
- Die FCI-Jugend wird einen wichtigen Aspekt unserer Zukunft darstellen. Ich werde
Jugendinitiativen in allen Ländern weiterhin unterstützen, damit wir die besten
Humanressourcen erhalten, die die FCI in die Zukunft führen und Rassehunde schützen
werden.
- Wir müssen unsere Mitglieder weiterhin bei ihren Bemühungen unterstützen, Hunde
und ihr Wohlbefinden zu schützen. Als größte Hundeorganisation der Welt werden wir
Initiativen flankieren, die die Gesundheit und Zukunft der Hunde sicherstellen,
wie die Internationale Partnerschaft für Hunde und sonstige gemeinnützige Initiativen.
Die wissenschaftliche Kommission und die Standardskommission der FCI werden zu diesen
Bemühungen beitragen. Wir werden unseren Kommissionen spezielle Untersuchungen anvertrauen,
die die globale Diskussion über das Wohlergehen von Hunden mit wichtigen Erkenntnissen
unterlegen werden.
- Hundefeindliche Gesetzgebungen sind die größte Gefahr für Kynologie, Rassehunde
und Hundehalter weltweit. Die Rechtsvorschriften werden in unseren Ländern ohne
die entsprechenden wissenschaftlichen Daten und ohne die Mitsprache der nationalen
Hundeverbände eingeführt. Als weltweit größter Fürsprecher der Hunde werden wir
uns selbst federführend in diese Diskussion einbringen, um im besten Interesse von
Hunden und ihren Haltern zu handeln. Die FCI Agenda 2020 wird die notwendigen Maßnahmen
entwickeln, um diesen Sachverhalt anzugehen, wie einen FCI-Lobbyist bei der Europäischen
Union. Ziel ist, bei dieser wichtigen Diskussion auf nationaler und internationaler
Ebene nicht außen vor zu bleiben.
- Last but not least und für mich am wichtigsten in der FCI Agenda 2020 ist Kooperation.
Ich meine damit die Zusammenarbeit zwischen den FCI-Mitgliedern und zwischen den
Menschen, die Hunde mögen. Wenn wir unser Ziel erreichen wollen, müssen wir ebenfalls
festlegen, wie wir unsere Kooperation untereinander ausgestalten. Wir werden das
erforderliche Instrumentarium entwickeln, um allen in der FCI Gehör zu schenken.
Wir müssen eine Welt schaffen, in der das Wohlergehen der Tiere wichtig ist und
der Grausamkeit gegenüber Hunden ein Ende gesetzt wird. In der FCI Agenda 2020 wird
unsere Organisation einen ausgeprägten Fokus auf den Schutz unserer Hunde legen.
Wir werden Hunde als Kulturgut fördern und die Mentalitäten weltweit verändern.
Diese Initiativen werden von unseren nationalen Verbänden durchgeführt.
Die FCI Agenda 2020 kommt einem Mosaik gleich. Jedem Teil und jedem Vorschlag wird
das gleiche Gewicht beigemessen. Nur wenn alle Mosaiksteine zusammengefügt werden,
wird das Gesamtbild sichtbar. Wir werden den Erfolg der FCI fördern und Fortschritte
beim Schutz der Hunde und der Stärkung einer hundeorientierten Kultur in unserer
Gesellschaft erzielen.
Fortschritt erfordert Zusammenarbeit. Die FCI-Zukunft kann nur mit uns stattfinden.
Ich bin der Meinung, dass wir die Zukunft gemeinsam angehen können, weil wir nicht
gespalten sind, wie manche sagen würden. Die FCI ist viel mehr als die Summe unserer
individuellen Ambitionen und wir weit mehr als ein Haufen großer und kleiner Länder.
Wir werden unsere Reise in die Zukunft zusammen mit Ihrer Hilfe fortsetzen und der
Hundewelt immer wieder aufzeigen, dass wir die größte und wichtigste Organisation
für Hunde weltweit sind. Wir sind und bleiben die Fédération Cynologique Internationale!
Rafael de Santiago
FCI-Generalversammlung 2015